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Wandreibung von Schüttgütern

Experimentelle Bestimmung des Wandfließortes, Analyse von Haft- und Gleitreibung sowie deren Einfluss auf das Silo-Verhalten

Grundlagen der Wandreibung

Die Wandreibung eines Schüttgutes ist maßgeblich am Druck- und Fließverhalten im Silo beteiligt. Die Messung des Wandfließortes erfolgt analog zur Bestimmung der inneren Reibung eines Schüttgutes, bei der Partikel gegen Partikel geschert werden. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass das Schüttgut gegen eine definierte Wandoberfläche geschert wird.

Die Wandreibung wird durch die Wandreibungskoeffizienten beschrieben, die den Reibungswiderstand in Abhängigkeit der Normalspannung charakterisieren. Der Wandreibungskoeffizient μw ist definiert als das Verhältnis der Wandscherspannung τw zur auf die Wand wirkenden Normalspannung σ:

Der Wandfließort wird durch die lineare Beziehung τw = σ · tan(φw) + aw beschrieben, wobei φw der Wandreibungswinkel und aw die Wandadhäsion darstellen. Diese Parameter sind für die normgerechte Siloauslegung erforderlich.

Haft- und Gleitreibung

Analog zur Haft- und Gleitreibung der Festkörperphysik zeigt sich bei der Reibungsmessung zwischen Schüttgütern und Wandoberflächen eine charakteristische Spannungsspitze (Haftreibung τs), die überschritten werden muss, um das Schüttgut auf der Oberfläche in Bewegung zu versetzen. Das anschließende kontinuierliche Gleiten erfolgt bei der Gleitreibung τd, die in der Regel gleich oder geringer ist.

Für die Siloberechnung nach DIN EN 1991-4 wird die Gleitreibung herangezogen, da diese den stationären Zustand während des Fließens beschreibt. Der niedrigere Gleitreibungskoeffizient führt zu höheren Silodrücken, da die Reibung an der Wand geringer angesetzt wird. Für das Fließverhalten aus dem ruhenden Zustand ist jedoch auch die Haftreibung relevant.

Experimentelle Bestimmung des Wandfließortes

Die Bestimmung der Wandreibungsparameter erfolgt durch stufenweise Belastung und Messung der Scherspannung. Zur Bestimmung der Abhängigkeit des Reibungswiderstandes von der Druckbelastung wird der resultierende Wandfließort in Stufen gemessen:

  1. Probenvorbereitung: Konditionierung des Schüttgutmaterials und Vorbereitung der repräsentativen Wandprobe.
  2. Normalspannungsaufbringung: Stufenweise Aufbringung definierter Normalspannungen σN.
  3. Messung des Reibwiderstandes: Wiederholtes Scheren bei konstanter Normalspannung und Bestimmung des Haft- und Gleitreibungswiderstandes.*
  4. Auswertung: Konstruktion des Wandfließortes durch lineare Approximation der Messpunkte.

*Im Gegensatz zu Festkörpern ist die Wandreibung bei Schüttgütern aufgrund der Umlagerung von Partikeln in der Gleitebene nicht sofort vollständig mobilisiert. Durch wiederholtes Scheren bei konstanter Normalspannung erfolgt eine Neuorientierung der Partikel, bis der Reibungswiderstand sein Maximum erreicht. Dieser Maximalwert charakterisiert das Messergebnis für die entsprechende Normalspannung.

Zur Messung des Wandfließortes bevorzugen wir eine repräsentative Probe Ihres verwendeten Wandmaterials. Der Zuschnitt kann auch bei uns erfolgen. Für Standardmaterialien wie Baustahl, Edelstahl, verschiedene Kunststoffe, PTFE oder Keramik können wir Wandproben bereitstellen.

Oberflächenveränderungen und Zeitverfestigung

Analog zur Zeitverfestigung bei der inneren Reibung können auch bei der Wandreibung zeitabhängige Veränderungen auftreten. Ebenso kann sich die Wandoberfläche durch Scherbewegungen des Schüttgutes erheblich verändern:

  • Materialablagerungen: Anbackungen in oder auf der Wandoberfläche führen zu steigenden Reibungskoeffizienten
  • Oberflächenglättung: Mechanische Politur kann zu stark sinkenden Reibungskoeffizienten führen
  • Chemische Wechselwirkungen: Korrosion oder chemische Reaktionen zwischen Schüttgut und Wandmaterial
  • Temperatureinflüsse: Änderung der Materialeigenschaften durch Temperaturschwankungen
  • Feuchtigkeitseinflüsse: Kondensation und deren Auswirkung auf die Reibungseigenschaften

Diese Veränderungen können im Betrieb die Druckbelastung in Silos um mehrere hundert Prozent ansteigen lassen und somit zum strukturellen Versagen führen. Eine regelmäßige Überprüfung der Wandreibungseigenschaften ist daher für die Betriebssicherheit essentiell und wird in kritischen Fällen empfohlen.

In speziellen Tests können wird die Scherbelastung auf der Wandoberfläche über einen definierten Zeitraum simulieren und anschließend die Veränderungen des Reibungskoeffizienten quantifizieren.

Beispiel einer Wandreibungsmessung

Die nachfolgende Darstellung zeigt ein typisches Messergebnis mit den charakteristischen Parametern des Wandfließortes. Die Analyse umfasst sowohl die Haftreibung (statische Reibung) als auch die Gleitreibung (dynamische Reibung):